Keine weiteren Hotels in Berlin. Ein Hotelentwicklungsplan ist längst überfällig!

Berlin, 6. März 2019. Die Planung und der Bau neuer Hotels trifft in Berlin auf immer deutlicheren Widerstand aus der Bevölkerung. Während die Debatte über Kleingärten statt Wohnungsbau in Zeiten der Flächenknappheit nicht abreißt, geraten Hotelneubauten als untergenutzte, innerstädtische, flächenfressende Giganten aus dem Blick. Berlin benötigt ein Hotelentwicklungskonzept um der touristischen “Übernutzung” der Kieze Einhalt zu gebieten.

Aus der Antwort auf eine kleine Anfrage von Katalin Gennburg geht hervor, dass die derzeitige Auslastung der Berliner Bettenkapazität (142.754 Betten insgesamt) derzeit nur zu 60 Prozent gegeben ist. Trotz des Bettenleerstands sollen in Berlin derzeit mindestens 66 Hotels neu und fast 100 bestehende Gebäude zu Hotels umgebaut werden.

“Diese Zahlen lösen in Zeiten, in denen Tausende wohnungslos oder verzweifelt auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum sind, absolutes Unverständnis bei mir aus. Das ist weder vermittelbar, noch kann sich Berlin diese laxe Hotelpolitik zu Lasten der sozialen Wohnraumversorgung weiter leisten”, so Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung, Tourismus und Smart City der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.

Derzeit findet in Berlin die ITB statt, an deren offizieller Partnerschaft mit Malaysia – einem Staat, in dem Homosexualität drakonisch bestraft wird und dessen Präsident durch antisemitische Äußerungen auffällt – sich deutliche Kritik entzündet. Gänzlich ausgeblendet werden – dem Charakter einer Verkaufsmesse folgend – die Auswirkungen des Tourismus auf die sozialen Strukturen der Destinationen.

“In Berlin zeigen sich inzwischen deutliche Anzeichen des ‘overtourism’ und der Touristification. Während der Kieztourismus weltweit als ‘awesome’ und ‘thrilling’ an das Easyjetset vermarktet wird, gehen für die Bewohner*innen alltagswichtige Infrastrukturen, wie Einzelhandel, Arztpraxen und KiTas, an die Gig-Gastronomie und neue Beherbergungsbetriebe verloren”, kritisiert Gennburg.

Wohin diese Prozesse führen, lässt sich beispielhaft an Lissabon beobachten, wo die komplette Innenstadt der touristischen Vermarktung anheim gefallen ist. Andere europäische Städte wie Amsterdam oder Barcelona versuchen, dem touristischen Verfall ihrer Innenstädte durch Hotels, Nutellaläden und den immer gleichen Partylocations mittels stadtweiter Strategien, Planwerke und Verordnungen entgegen zu wirken.

“Berlin muss handeln! Wir brauchen einen Genehmigungsstopp für Hotels bis durch einen Hotelentwicklungsplan geklärt ist, welche qualitativ wie quantitativ wirksamen Maßnahmen zur Verhinderung der Unbewohnbarkeit mancher Stadtteile  notwendig sind. In den Bezirken sollten Beherbergungsbetriebe über festzusetzende Bebauungspläne ausgeschlossen werden und somit Kieze als Wohngegenden geschützt. Wie das gelingen kann, dazu hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, namentlich Frau Lüscher, in der Ihnen nun vorliegenden Beantwortung Antworten gegeben”, so Gennburg weiter.

Pressekontakt  

Katalin Gennburg, buero.gennburg@linksfraktion.berlin

Die Antwort auf die Anfrage wurde mit der Pressemitteilung verschickt. Sie kann durch Pressevertreter*innen auch unter o. g. Mailadresse angefordert werden. Die Veröffentlichung in der Parlamentsdokumentation des Abgeordnetenhauses erfolgt voraussichtlich Mitte der KW 11.

Berlin kann von Paris lernen: Notwehr gegen illegale Geschäftspraktiken von Airbnb

Berlin, 13. Februar 2019. 12,5 Mio. € Strafe sollen für die Veröffentlichung illegaler Vermietungsangebote durch die Internetplattform Airbnb fällig werden. Immer mehr europäische Städte gehen gegen die Beihilfe zu illegaler Zweckentfremdung von Wohnraum und Hinterziehung von Übernachtungssteuern durch den Vermietungskonzern Airbnb vor. Berlin muss diesem Beispiel folgen: Strafen für gesetzwidriges Geschäftsgebaren und Entrichtungspflicht für die Übernachtungssteuer für Airbnb-Übernachtungen.

Ende 2018 wurde Airbnb in München verurteilt, die Daten für ungenehmigte Ferienwohnungen zum Zwecke der Verfolgung illegaler Zweckentfremdung an die Stadt weiterzugeben. Paris geht einen Schritt weiter und erlegt dem Konzern Strafzahlungen in Höhe von 12,5 Millionen Euro wegen Beihilfe zur Zweckentfremdung auf.

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Berliner Abgeordnetenhauses, das von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde, kam bereits im Frühjahr 2018 zu dem Schluss, dass Airbnb gesetzwidrig handelt und zur Herausgabe der Daten illegaler Anbieter*innen verpflichtet ist. Seit 1. August 2018 müssen nicht unter das Zweckentfremdungsgesetz fallende und somit legale  Angebote in Berlin mit einer Registriernummer versehen sein und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen verfolgt das Ziel die in den Bezirken vergebenen Registriernummern mit Vermietungsangeboten abgleichen zu lassen, um so die restriktive Durchsetzung des Zweckentfremdungsgesetzes verfolgen zu können

“Beihilfe zum Gesetzesbruch, Verdrängung der Wohnbevölkerung und Rendite mit der Miete, das ist das Geschäftsmodell von Airbnb. Paris, München, Barcelona und andere Städte machen es vor: Wir dürfen uns auch in Berlin dieses Gebaren nicht länger bieten lassen.  Mehr noch: AirBnB und andere Onlinevermietungen müssen endlich steuerlich dingfest gemacht werden.” so Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung, Tourismus und Smart City der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhauses.

Nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen sind Übernachtungen in den über Airbnb gemieteten Unterkünften übernachtungssteuerpflichtig. Nach Angaben von Airbnb wurden über die Vermietungsplattform 2017 mindestens 2,94 Mio Übernachtungen in Berlin gebucht. Die Übernachtungssteuer in Berlin beträgt fünf Prozent des Nettopreises, nach Angaben des Handelsblatts kostet eine Übernachtung bei Airbnb durchschnittlich 64 EU (entspr. netto 53,78 EU). Insgesamt erzeugen also Übernachtungen bei Airbnb ein theoretisches Steueraufkommen von knapp acht Millionen Euro jährlich, welches aufgrund der gesetzwidrigen Verweigerungshaltung des Vermietungskonzerns nicht vollständig eingetrieben werden kann.

“Die Sicherung von Wohnraum vor illegaler Zweckentfremdung ist wichtiger Bestandteil der sozialen Wohnungungs- und Stadteetwicklungspolitik und kostet Berlin Millionen Euro, die wir auch Verursachern wie Airbnb in Rechnung stellen sollten. Zudem müssen wir, wie in unserem Gutachten dargelegt, das Übernachtungssteuergesetz weiterentwickeln und den Kurzzeitvermietungskonzernen die Steuerentrichtungspflicht dafür auferlegen”, fordert Gennburg weiter.

Weiterführende Links

Bericht zum Urteil zur Herausgabe von Vermieter*innendaten durch Airbnb bei Spiegel Online vom 13. Dezember 2018: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/muenchen-richter-verdonnern-airbnb-zur-herausgabe-von-vermieterdaten-a-1243498.html

Bericht zur Strafforderung der Stadt Paris gegen Airbnb bei Spiegel Online vom 10. Februar 2019: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/airbnb-in-paris-stadt-fordert-rekordstrafe-fuer-unternehmen-a-1252552.html

Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Berliner Abgeordnetenhauses zur Datenherausgabe und Steuerentrichtungspflicht für die Übernachtungssteuer: https://www.linksfraktion.berlin/themen/th/mieten-und-wohnen/airbnb/

“Airbnb und andere Vermietungsplattformen & Übernachtungssteuern in Berlin”, Schriftliche Anfrage von Katalin Gennburg vom 25. Oktober 2018: http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-16850.pdf

Pressemitteilung von Katalin Gennburg zur Beihilfe zu illegaler Zweckentfremdung durch Airbnb vom 18. Oktober 2018: http://katalingennburg.de/wp/2018/10/18/illegale-geschaeftspraktiken-von-airbnb-und-co-beenden-transparenz-rechtssicherheit-und-soziale-wohnraumversorgung-sicherstellen/

Pressemitteilung von Katalin Gennburg zur Registrierungspflicht von Kurzzeitvermietungen vom 7. August 2018: http://katalingennburg.de/wp/2018/08/07/registrierungspflicht-ist-notwehr-der-stadt/

Informationen zu Katalin Gennburg: www.katalingennburg.de

Pressekontakt  

Katalin Gennburg, buero.gennburg@linksfraktion.berlin

Veranstaltungsempfehlung RLS-Cities: Rebellisch.Links.Solidarisch. Berlin-Konferenz zu Wohnen, Bauen, Stadt

Am 28.02. werde ich ab 14:30 auf dem Eröffnungspodium der RLS-Cities Konferenz der Rosa Luxemburg Stiftung sprechen.

„Wie rebellisch, links, solidarisch ist die Stadtpolitik in Berlin? Fünf Bewertungen aus unterschiedlichen Perspektiven: kritische Wissenschaft, Initiativen, Politik, Mieterbund/Mieterverein und Sozialverbänden. Es fragen u.a. Rainer Wild (Geschäftsführer Berliner Mieterverein), Katalin Gennburg (MdA, Die LINKE), Dr. Andrej Holm (Stadtsoziologe, Humboldt Universität zu Berlin) und weitere VertreterInnen von Initiativen und Verbänden.“

Sehr lege ich auch den Workshop ans Herzen, der am 01.03. ab 09:30 läuft: «Nach Google ist vor Siemens» – Smart Cities, Digitale Stadt und Gentrifizierung 4.0.“

Weitere Informationen und die Anmeldung: https://www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/45Z7B/rls-cities-rebellischlinkssolidarisch/

Presseclub No.2 – Smarte Stadtentwicklung oder Zukunft der Stadt? Was geht in Berlin! – Veranstaltungsbericht

Siemenscampus, Verwaltungsdigitalisierung, algorithmisch bestimmte Mieterhöhung oder Mieterhöhung für “Smart Metering”- Bringt 2019 eine Smart City Berlin und wenn ja: welche?

Diese und viele andere Fragen diskutierte Katalin Gennburg am 29.01.2019 mit den Journalisten Ulrich Paul von der Berliner Zeitung und Nicolas Šustr vom neuen deutschland bei ihrem jährlichen Presseclub, einem politischen Jahresausblick mit Journalisten vor ca. 30 Teilnehmenden. Der Presseclub hat das Ziel, Vertreter*innen von Berliner Tageszeitungen einzuladen und die Journalist*innen, die sonst die politischen Entwicklungen kommentieren, selber zu Wort kommen zu lassen, diesmal fokussiert auf das Thema Digitalisierung und Smart City.

Konsens auf dem Podium als auch im rege beteiligten Publikum war, dass die Digitalisierung in der Stadt und im Stadtbild inzwischen sehr greifbar geworden ist. Das Themenspektrum reicht hier von Mobilität (Verkehrsführung, Car Sharing, BVG Berlinkönig, last-mile connections) zu Verwaltungsmodernisierung (incl. der Spielräume von Städten proprietäre oder offene Software zu entwickeln und nutzen), Billigjobs durch die sogenannte „gig economy“, der Überwachung des öffentlichen Raums und natürlich der Diskussion zum Siemenscampus, die jetzt die Debatte zum Google Campus abgelöst hat.

Im Bereich Mieten kam eine rege Diskussion auf zum sogenannten „Smart Metering“ (z.B. digitale Meßgeräte für Heizungen), das neben datenschutzrechtlichen Fragen und IT Sicherheit eine heimliche Aufwertung der Wohnungen bedeutet und sich somit langfristig – neben den technologischen Fragen – auch auf den Mietspiegel auswirkt.

Beispielhaft für die „schleichende Landnahme“ des digitalen im Stadtraum selbst ist die Verdrängung von Kleingewerbe; dies wird auf der einen Seite beeinflusst vom rückläufigen Verkauf in Geschäften vor Ort durch Internet-Plattformen wie Amazon (inklusive dem damit einhergehenden Nebeneffekt des steigenden Lieferverkehrs) sowie auf der anderen Seite durch große Digitalkonzerne und -Firmen, die inzwischen oft auch im Immobiliengeschäft tätig sind und Mietsteigerungen vorantreiben. Beispielhaft ist hier die Post in Kreuzberg in der Skalitzer Straße, die durch eine Mieterhöhung der Eigentümer Samwer nun die Kiezversorgung einengt. Weitergedreht wird die Mietspirale durch die oftmals kurzzeitige Vermietung an Start-ups, die höhere Mieten als der Einzelhandel zahlen können und die Verdrängung des Einzelgewerbes weiter treiben.

Einige Hoffnungsschimmer für viele dieser Fragen liegt in der Berliner Digitalstrategie, die allerdings im Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zurzeit erarbeitet wird. Kontrastiert wird dies durch das immer wieder gerne herangezogene Beispiel Barcelona, wo das Thema der kommunalen digitalen Entwicklung als zentrales Projekt in die Politik eingebettet ist und prioritär behandelt wird.

Das Thema Siemenscampus wird uns 2019 noch intensiv beschäftigen. In der Debatte wurde erörtert, dass von der Siemens Investitionssumme von 600 Millionen Euro Investitionen nur ca. 80 Millionen wirklich in den Bereich der Forschung gesteckt werden, der Rest hauptsächlich in den Ausbau der Immobilie. Diesem muss man die Zusagen des Berliner Senats entgegensetzen, die sich auf bis zu 1,2 Millionen belaufen könnten.

Noch ist der Ausgang offen. Tech-Konzerne wie Siemens, Google oder Rocket Internet versuchen, sich mit all ihrer Marktmacht als Akteure der Stadtentwicklung zu positionieren und im Lichte Berlins zu glänzen. Gleichzeitig setzt Berlin sich selbst neue Standards für Bürger*innenbeteiligung und ist Heimat einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Initiativen, die längst die Stadt der Zukunft gestalten.