Offener Brief zum Wohnungsbündnis

Liebe Genoss*innen, liebe für DIE LINKE im Wohnungsbündnis Verhandelnde,

nachdem wir selbst die Wahl zur #Mietenwahl erklärt hatten, wird sich der Erfolg unserer Regierungsbeteiligung auch daran messen lassen müssen, ob wir es vermögen, dem Mietenwahnsinn substanziell etwas entgegenzusetzen.

Die SPD und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey haben das Motto „Kooperation statt Konfrontation“ zur Grundlage der neuen Wohnungspolitik für Berlin gemacht und daran auch die Arbeit des „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ geknüpft. Auch die Grünen sahen in dem Bündnis eine Möglichkeit ihren sog. Mietenschutzschirm zu verankern und neben vielen anderen Forderungen ein Mietenmoratorium durchzusetzen.

Seit Januar verhandeln im sog. Wohnungsbündnis Vertreter*innen der Wohnungswirtschaft mit Verbänden und Vertreter*innen der Regierung hinter verschlossenen Türen. Mit dem Bündnis erhalten privatwirtschaftliche Akteure privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungen, während das Parlament außen vor bleibt. Jetzt müssen wir feststellen: wirksame Maßnahmen konnten so jedoch bisher nicht kooperativ vereinbart werden.

Immer wieder wird seitens der Bauwirtschaft darauf verwiesen, dass sich durch Baukostensteigerungen und die Zinswende die wohnungswirtschaftlichen Grundlagen entscheidend verändert hätten. Private Wohnungsunternehmen kündigen Neubauvorhaben auf und weitere Mietsteigerungen an. Spätestens seit Vonovia als Immobilienkonzern Anfang Juni weitere Mieterhöhungen – trotz aller sozialen Härten für sehr viele Menschen angesichts der Inflation – ankündigte, haben sich ganz offenkundig die Rahmenbedingungen geändert. Ja, Vonovia hat den Konsens im Bündnis aufgekündigt und geht auf Konfrontation!

Als LINKE Mitglieder und Sympathisant*innen stellen wir fest:

Die bisher öffentlich gewordenen Verhandlungszwischenstände werden den im Koalitionsvertrag formulierten wohnungspolitischen Zielen nicht gerecht, insbesondere in Bezug auf den Mieterschutz, während offenbar zahlreiche Zugeständnisse an die Wohnungswirtschaft erfolgen sollen. Vor diesem Hintergrund fordern wir die LINKE Fraktionsspitze sowie unsere Verhandler*innen auf, die folgenden Punkte nachzuverhandeln:

  • Die Richtlinien des Regierungshandelns vom 18.01.2022 gelten als Grundlage jedweder Vereinbarung, von denen nicht durch Vereinbarung mit Privaten abgewichen werden darf.
  • Statt des undurchsichtigen und undurchdachten Vorschlags einer irgendwie gearteten Kopplung der Mieten an die Einkommen braucht es einen Mietenstopp für die Dauer der Legislaturperiode.
  • Um demokratischen Defiziten zu begegnen, braucht es eine klare Begrenzung des Bündnisses hinsichtlich dessen Zuständigkeiten: Hoheitliche Aufgaben (z.B. die Vergabe von Planungsrecht oder Vorfestlegungen hierauf) sowie Vorgaben für die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind vom Bündnis ausgenommen.

Als LINKE Mitglieder und Sympathisant*innen sagen wir:

Die Unterzeichnung des Bündnisses ist aus unserer Sicht nur dann möglich, wenn diese Punkte erfolgreich in die zu unterzeichnende Bündniserklärung hinein verhandelt wurden. Sollten die Forderungen nicht ergänzt werden können, so kann das Bündnis keinen vorteilhaften wohnungspolitischen Nutzen entfalten und würde im Kampf gegen den Mietenwahnsinn mehr schaden, als es hilft. Es braucht dann eine breite, ergebnisoffene innerparteiliche Debatte über das weitere Vorgehen.

Berlin, 11. Juni 2022.

Erstunterzeichner*innen:

Katalin Gennburg (MdA), Niklas Schenker (MdA), Moritz Warnke (Landesvorstand),
Gaby Gottwald (BVV Friedrichshain-Kreuzberg), Lukas Klatte (Co-Sprecher LAG Städtebau & Wohnungspolitik), Kaspar Metzkow, Jonathan Dießelhorst (beide Ko-Kreis LAG SW), Hanno Bruchmann, Marlis Fuhrmann, Katharina Mayer, Horst Arenz (alle LAG SW),
Martha Kleedörfer (Co-Vorsitzende DIE LINKE. Mitte), Denis Petri (DIE LINKE. Neukölln)