Zweckentfremdungsverbot im Abgeordnetenhaus – Katalin Gennburg (LINKE) stimmt Senatsentwurf nicht zu

Berlin, 16. September 2021. In der heutigen letzten Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses wurde mit der Mehrheit der Rot-Rot-Grünen Regierungskoalition eine Novelle des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes verabschiedet. Die Novelle behält entgegen der fachpolitischen Empfehlung Katalin Gennburgs, Sprecherin für Stadtentwicklung, Tourismus und Smart City der Linksfraktion, das System der unpraktikablen und verschleiernden Registriernummern bei, weitet diese sogar auf Gewerberäume aus und verstetigt somit eine kaum zu kontrollierende Ausnahme im Wohnraumschutz. Damit wird mit dieser Novelle das generelle Verbotsgesetz weiter liberalisiert statt – wie in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen – verschärft. Aus diesem Grund konnte Gennburg der Novelle im heutigen Plenum nicht zustimmen.

Katalin Gennburg erklärt hierzu:
“Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz ist ein Wohnraumschutzgesetz und durch Ferienwohnungen wird dringend benötigter Wohnraum eben zweckentfremdet und geht den dringend nötigen Angeboten für Dauerwohnen verloren. Die von Airbnb vorgeschlagene Systematik der Registriernummern und die 90-Tage-Regelungen für Zweitwohnungen sollte wieder abgeschafft werden, da diese einen Ausnahmetatbestand im Wohnraumschutz darstellen und das strenge Verbotsgesetz aushöhlen.

Inzwischen ist klar, dass das System der Registriernummern durch die zuständigen Bezirke nicht zu kontrollieren ist, sondern stattdessen als ein Freifahrtschein für den Entzug von Wohnraum angesehen wird. So listet allein Airbnb rund 10.000 komplette Wohnungen in Berlin. Dies entspricht ca. 0,5 Prozent des Wohnungsbestands der Stadt. Ob diese Wohnungen nur übergangsweise oder dauerhaft als Ferienunterkünfte genutzt werden, ist aufgrund der fehlenden Daten nicht kontrollierbar. Daran ändern auch die Registriernummern nichts und eine Ausweitung dieser Registriernummern erhöht den Arbeitsaufwand für die Zweckentfremdungsstellen der Bezirke und gefährdet obendrein das Gesetz.

Ich habe deshalb in den Verhandlungen zur jetzigen Novelle dafür plädiert, die Ausnahmetatbestände durch das Registriernummernsystem und eine 90-Tage-Regelung für Zweitwohnungen wieder abzuschaffen. Damit folge ich sowohl der berechtigten Forderung der Bezirke als auch der Ansicht im Zweckentfremdungsrecht versierter Jurist*innen.

Die Ausweitung des Registriernummernsystems auf gewerbliche Immobilien ändert hieran nichts, sondern schafft im Gegenteil neue Rechtsunsicherheiten, da rechtlich umstritten ist, ob die Regelungssystematik eines Wohnraumschutzgesetzes auf Gewerberäume ausgeweitet werden darf.

Kurzzeitvermietungen gehen zu Lasten der dringend benötigten regulären Langzeitmietverträge. Die werden über das “System Airbnb” weiter kannibalisiert – in Hinblick auf Mietpreissteigerungen einerseits und verfügbarer Angebote andererseits. Das ist nicht nur juristisch, sondern auch politisch der falsche Weg in puncto Wohnraumschutz.

Aus den genannten Gründen habe ich mich entschieden, der aktuellen Novelle nicht zuzustimmen. Dieser Schritt, mich dem Abstimmungsverhalten meiner Fraktion nicht anzuschließen, ist für mich fachlich unumgänglich. Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung im Sinne des Wohnraumschutzes und des Kampfes gegen die Prekarisierung der Wohnverhältnisse richtig ist. Die Plattformvermietungen einerseits und die massive Zunahme von Wohnen auf Zeit jenseits des Dauermietverhältnisses andererseits, sind Abbild einer Prekarisierung des Wohnens. Dieser können wir politisch nur mit strikten Verboten und nicht mit Ausahmetatbeständen zugunsten internationaler Digitalkonzerne beikommen. Zweifelsohne müssen Plattformkonzerne, ob E-Roller, Lieferkonzerne oder Vermietungsplattformen, datenpolitisch und digitalpolitisch auf die Einhaltung lokaler und nationaler Gesetze verpflichtet werden. Dass politische Regulierungen und Eingriffe sich um digitale Angebote drehen, darf nicht davon ablenken worum es geht: Um die Durchsetzung ordnungspolitischer Instrumente zur Sicherung der Wohnraumversorgung aufgrund einer festgestellten Wohnraummangellage im Land Berlin.

Berlin braucht ein scharfes rechtliches Schwert, um zweckentfremdeten Wohnraum für die Stadt und ihre Bewohner*innen zurückzugewinnen. Dafür werde ich auch weiterhin einstehen.”


Veranstaltungshinweis: Am Freitag, den 17. September wird Katalin Gennburg ab 20:00 gemeinsam mit Philipp Metzger und verschiedenen Berliner Künstler*innen der Berliner Musik- und HipHop-Szene eine Lesung aus Philipp Metzgers Buch “Wohnungskonzerne enteignen” und der Broschüre “Gemütliches Loft – mit Aussicht auf Verdrängung” der Rosa-Luxemburg-Stiftung in einer Airbnb-Ferienwohnung veranstalten. Die Lesung wird auf www.facebook.com/KatalinGennburg live gestreamt.

Pressekontakt:

Katalin Gennburg – buero.gennburg@linksfraktion.berlin – www.katalingennburg.de