Stadtmarketing stoppen – Tag des Tourismus nachhaltig umbauen

Berlin, 3. September 2019. Morgen veranstaltet Visit Berlin den Tag des Tourismus. Während im Programm von Nachhaltigkeit und Lösungsansätzen gesprochen wird, betreibt Visit Berlin internationales Stadtmarketing, um die Zahl klimaschädlicher Langstreckenflüge zu steigern, macht das Tourismuskonzept Berliner*innen zu Tourist*innen in ihrer Stadt und wird der Hotelneubau forciert. Andere Städte wie Amsterdam und Barcelona sind da deutlich weiter und sparen sich das Stadtmarketing.

Mit dem Tourismuskonzept 2018+ hat Berlin sich weiteres Wachstum im Bereich des Tourismus verschrieben, nur anderes als bislang. Neben allerhand Kommunikationsmaßnahmen, die die Akzeptanz der Berliner*innen für den zunehmenden Tourismus steigern sollen, werden diese zu Gästen an ihrem eigenen Wohnort gemacht und dessen Erlebnisqualität wird einer bezahlbaren und gut erreichbaren Wohn- und Alltagsinfrastruktur zumindest gleichgestellt. Hingegen warten Anwohner*innen in innerstädtischen Touri-Kiezen schon viel zu lange auf den versprochenen Beteiligungsbeirat aus dem Tourismuskonzept und darauf endlich ernst genommen zu werden.

Und auch beim Tag des Tourismus treffen sich Senatsverwaltungen, Abgeordnete und Vertreter*innen von Tourismusunternehmen, um sich über die Zukunft der Besucher*innenmetropole Berlin auszutauschen. Vertreter*innen der kritischen Zivilgesellschaft finden sich ausweislich der Teilnehmer*innenliste dort nicht.

“Entgegen aller Beteuerungen redet die Branche mal wieder nur miteinander statt mit den Betroffenen. Wenn wir den Titel unseres Koalitionsvertrages ‘Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen’ ernst nehmen, dann verbieten sich solche Veranstaltungen eigentlich, auch im Bereich Tourismus”, so Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung, Tourismus und Smart City der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

Die Berlin Tourismus & Kongress GmbH (Visit Berlin) arbeitet an der Steigerung der Gästezahlen. Neben einer Steigerung der Zahl der Langstreckenflüge möchte sie auch Vorgaben für die Stadtgestaltung machen.

“Es ist bitter! Als ob es keine Klimakatastrophe, keine Verdrängung kleiner Läden und Kitas aus den Kiezen durch massive Kommerzialisierung und Inwertsetzung gäbe und als ob dies alles in keinem Zusammenhang mit den Verheerungen im Wohnungssektor durch Airbnb und Co.  stünde, wird munter weiter Wachstum gepredigt. Gleichzeitig will die landeseigene Visit Berlin die Vorgaben machen, wie Berlin zum Disneyland umgebaut werden soll und die Berliner*innen sollen ihre Kieze gefälligst erleben, statt in ihnen zu leben. Es wird Zeit das Stadtmarketing einzustellen und das Geld für spürbare Lebensqualität in den Kiezen auszugeben – das gefällt auch den Berlinreisenden!”, so Gennburg weiter.

Der Antwort des Senats auf Anfragen von Katalin Gennburg zufolge liegt die Auslastung der Berliner Hotels derzeit bei rund 60 Prozent und darunter, gleichzeitig wird im Haushaltsentwurf eine Potenzialstudie für mehr Hotels angestrebt. Einer weiteren Anfrage zufolge wurden seit 2012 von Berlin über 70 Millionen Euro für touristisches Stadtmarketing (knapp 100 Millionen Euro für Stadtmarketing insgesamt) ausgegeben. Gleichzeitig ist der Senat außerstande, zu beziffern, welche zusätzlichen Einnahmen dadurch generiert wurden. Der Landesausschuss der LINKEn Berlin hat sich auch deswegen am vergangenen Freitag für die grundsätzlich Überprüfung der Fortführung des Berliner Stadtmarketings auf Abgeordnetenhausebene ausgesprochen.

“Seit Jahren verschwenden wir viel Geld für das Stadtmarketing und folgen damit dem Leitbild der unternehmerischen Stadt, das die Lebenswirklichkeit der Berliner*innen zur Ware und Kulisse degradiert. Sogenannte Hotelneubaupotenziale müssen endlich Platz machen für Flächen, die wir für Wohnungen, Kleingärten und Schulen brauchen. Ich werde mich in den Haushaltsverhandlungen für ein nachhaltiges Hotelkonzept und ein Ende des Hotelneubaus, sowie das Ende von  Stadtmarketingmaßnahmen einsetzen”, so Gennburg

Weiterführende Links

Katalin Gennburgs Anfrage zum Stadtmarketing vom 6. August 2019: http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-20449.pdf

Katalin Gennburgs Anfrage zum Thema Hotelneubauten vom 11. Februar 2019: http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-17858.pdf

Tourismuskonzept 2018+ (Vorlage zur Kenntnisnahme an das Berliner Abgeordnetenhaus): http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-0970.pdf

Programm zum Tag des Tourisimus 2019: https://about.visitberlin.de/tag-des-tourismus-2019-0

Haushaltsentwurf der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (Ansatz zur Potenzialanalyse für Hotelneubauten in Kapitel 1320, Titel 68316, Seite 38 in EP 13, S 264 im Dokument): http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-2020-12-13.pdf

Informationen zu Katalin Gennburg: www.katalingennburg.de

Pressekontakt: buero.gennburg@linksfraktion.berlin